Mars als Garten Eden

In einer neuen Studie haben Forscher nun erneut untersucht, inwiefern der Mensch den Mars zur zweiten Erde umgestalten kann – die Rede ist vom Terraforming.

Treibhauseffekt erwünscht

Natürlich auch der Mars, sein Naturzustand ist für den Mensch ungeeignet und könnte deshalb einem “planetary engineering” unterworfen werden, so schrieb Carl Sagan 1973. Der angesehene US-Astronom brachte die Idee ins Spiel, die vereisten Marspole zu schmelzen. Dazu solle künstlich die Aufnahme von Sonnenwärme verstärkt werden, beispielsweise indem man dort dunkle Pflanzen kultiviert. Sagan schränkte ein, dass so etwas kaum in naher Zukunft realisierbar wäre.

Aktuell beträgt die durchschnittliche Temperatur auf dem Mars minus 63 Grad Celsius, wobei kurzzeitig auch positive Werte möglich sind. In der neuen Studie geht es dem Team um Bruce Jakosky von der Universität in Colorado deshalb insbesondere um die Frage: Kann man die marsianische Gashülle so weit verändern, dass von ihr ein starker Treibhauseffekt bewirkt wird und sie sich aufwärmt?

Immerhin besteht die Hülle zu 96 Prozent aus dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), berichten die Forscher im Fachmagazin “Nature Astronomy”. Allerdings ist die Marsluft extrem dünn, der Druck am Boden beträgt rund sechs Millibar, auf der Erde sind es 1014. Deshalb haben sich die Autoren nach zusätzlichen Quellen umgesehen, wo auf dem Mars Kohlendioxid gespeichert ist und – zumindest theoretisch – in die Gashülle abgegeben werden könnte. Sie werteten dazu aktuelle Daten der Marssonden aus.

Tatsächlich existiert in den beiden Polkappen Trockeneis, das ist gefrorenes Kohlendioxid. Jeweils im Winter legt es sich dort über das Wassereis. Etwa ein Drittel des gesamten atmosphärischen Inventars ist so immer in fester Form gespeichert.

Im Sommer schrumpfen dann die Kappen, weil das Kohlendioxid in den gasförmigen Zustand übergeht. Die nördliche Eiskappe verliert dabei praktisch ihr gesamtes Trockeneis, während am Südpol auch im Sommer etwas davon durchhält. Radarmessungen weisen im Süden zudem auf unterirdisches Trockeneis hin.
Und trotzdem: Mit all dem polaren Vorkommen ist kein Terraforming zu bewerkstelligen, berichten die Forscher. Wenn alles Trockeneis zu Gas würde, stiege der Atmosphärendruck nur auf rund zwölf Millibar.

Dämpfer für Marskolonisten

Ähnlich verhält es sich auch mit den weiteren Kohlendioxid-Reservoirs: Anders als auf der Erde sind kohlenstoffhaltige Minerale auf dem Mars selten. Mehr als 50 Millibar gasförmiges Kohlendioxid kann demnach aus diesem Vorrat kaum gewonnen werden.

Zwar könne auch der gesamte Marsboden Kohlendioxid speichern, weil nämlich CO2-Moleküle auf der Oberfläche feiner Sandkörnchen haften, so die Forscher. Aber auch dieser Effekt könne höchstens 50 Millibar beitragen, vorausgesetzt, es gelänge, diesen Vorrat planetenweit freizusetzen.

“Sogar wenn man das alles zurück in die Marsatmosphäre bringen würde, wäre es nicht genug, um den Planeten zu erwärmen”, stellt Jakosky klar. Für eine Erwärmung bis an den Schmelzpunkt von Wassereis müsste die Luft auf dem Mars für etwa 1000 Millibar Kohlendioxid enthalten.

Die Studie dürfte auch als Dämpfer für die ambitionierten Pläne wirken, wie sie beispielsweise Elon Musk propagiert. Bereits ab dem nächsten Jahrzehnt will der Chef von Tesla und SpaceX mit riesigen neuen Raumschiffen Tausenden Marskolonisten den Weg bahnen, die vor Ort dann eine Stadt errichten sollen. Musks Plänen zufolge soll ein Ticket angeblich 200.000 Dollar kosten.

Jakosky kommt allerdings zu einem ernüchternden Resümee: Selbst wenn noch mehr Kohlendioxid von kommenden Marsmissionen entdeckt würde, müssten große Teile der Planetenoberfläche umgestaltet werden – ein Projekt, das mit der heutigen Technologie nicht durchführbar sei. Seit Sagan 1973 etwas Ähnliches schrieb, hat sich das Wissen über den Mars zwar enorm vermehrt. Den Wüstenplaneten mittels seiner Gashülle in einen Garten Eden zu verwandeln, bleibt aber eine Idee für Science-Fiction-Romane.

Von Thorsten Dambeck, Spiegel online