Sie sind weniger schützenswert

Frau Ute Bock

Mit wenigen privat angemieteten Wohnungen begann Ute Bock vor Jahren mit ihrem Engagement für obdachlose Flüchtlinge. Mittlerweile umfasst das Wohnprojekt rund 70 Unterkünfte für mehr als 220 Menschen aus Krisenregionen. Im Ute Block schreibt Frau Bock über ihre alltäglichen Erfahrungen in der Flüchtlingshilfe.
Da gibt es Familien, wo der Vater und seine zwei Kinder einen negativen Bescheid kriegen, die Mutter und zwei andere Kinder aber einen positiven. Die Hälfte der Familie soll nun abgeschoben werden. Was ist denn das? Schutz des Familienlebens?
Ob eine Familie schützenswert ist, richtet sich in Österreich eben nach der Herkunft. Und genauso ist es wohl bei der Gesundheit.
Mittlerweile fühlen sich Tschetschenen auch in Österreich nicht mehr sicher. Aber was passiert dann mit solchen Menschen? Sie warten auf ihre Abschiebung. Genauso wie die drei Familien in unserem Vereinshaus, die keine Grundversorgung haben. Wenn die Spenden einmal ausbleiben, was machen die dann? Was essen die dann?
Da heißt es dann immer: Es wird schon einen Grund haben, warum sie aus der Grundversorgung fallen. Den Grund kann ich Ihnen sagen: Sie fallen oft aus der Grundversorgung, weil sie den Bescheid bekommen, dass der Asylantrag abgelehnt worden sei und sie sofort das Land verlassen müssten. Das tun sie aber nicht – es sollte eigentlich jedem klar sein, dass die Leute eben nicht sofort jubelnd in die Länder zurückgehen, aus denen sie ja geflohen sind. Also schlafen sie irgendwo, womöglich im Freien. Die Kinder werden krank.
Es ist ja oft die Rede von den Gutmenschen, und ich werde da auch meistens dazu gezählt. Dazu kann ich nur eines sagen: Wenn man auf der Straße sitzt und Hunger hat, dann macht man aus Verzweiflung alles mögliche.
Das ist ganz simpel: Es kann niemandem gut gehen, wenn andere nichts haben.
Quelle:der Standard.at 16.02-10.03.09