Sich ab und zu mal isoliert zu fühlen ist normal. Doch wer sich langfristig einsam fühlt neigt dazu, sich viel zu viel mit sich selbst zu beschäftigen. Und damit beginnt ein Teufelskreis.
Drei Psychologen von der University of Chicago haben sich jetzt einmal angesehen, was auf Dauer mit Menschen geschieht, die sich oft so verlassen fühlen. John Cacioppo, der als Professor am Center for Cognitive and Social Neuroscience arbeitet, untersuchte mit zwei Kollegen Daten von knapp 230 Probanden, die über elf Jahre lang immer wieder befragt worden waren. Zum Studienstart waren diese zwischen 50 und 68 Jahre alt gewesen, zum Ende hin also zwischen 61 und 79 Jahre.
Über diesen Zeitraum von elf Jahren habe die Einsamkeit vor allem dazu geführt, dass die Probanden selbstzentrierter geworden seien. Das klingt nicht sonderlich überraschend und war es auch für die Forscher nicht. Wer sich einsam fühlt und wenig erfüllende Beziehungen zu anderen Menschen hat, der muss sich ja zwangsläufig auf sich selbst beschränken.
Allerdings fanden die Forscher auch den umgekehrten Effekt: Wer schon zu Beginn der Untersuchung selbstzentrierter war als andere und viel um sich selbst kreiste, der fühlte sich Jahre später auch öfter einsam.
Es scheint also eine direkte Verbindung zu geben zwischen dem Gefühl, von anderen isoliert zu sein, und der Tendenz, sich übermäßig viel mit sich selbst zu beschäftigen, und zwar in beide Richtungen. Einmal angestoßen, befeuern sich diese beiden leider gegenseitig. „Wer selbstzentrierter wird, riskiert es, langfristig in dem Gefühl der Einsamkeit stecken zu bleiben“, schlussfolgern die Wissenschaftler. Und wer einsam ist, neigt in der Folge dazu, immer mehr um sich selbst zu kreisen.
Wichtig ist den Forschern, zu betonen, dass Einsamkeit grundsätzlich nichts Schlechtes ist – solange sie nicht zum Dauerzustand wird. Evolutionär gesehen ist das Gefühl, sich allein zu fühlen, sogar sehr sinnvoll: So wie physische Schmerzen signalisieren, dass man sich um seinen Körper kümmern muss, signalisiert Einsamkeit, dass man sich um seine Beziehungen kümmern sollte.
Für einige wenige mag diese Verkoppelung von Einsamkeit und Selbstbezogenheit in dem kuriosen Mini-Trend der “Selbst-Heirat” münden, bei dem Menschen sich selbst einen Ring anstecken und ewige Liebe versprechen. Ob diese Zusammenhänge den Mini-Trend aber wirklich verstärken, ist nicht bekannt. In den USA und in Japan geben sich zunehmend Frauen selbst das Ja-Wort. Dabei geht es offenbar einerseits um ein Bekenntnis zu sich selbst, andererseits auch darum, einmal Braut zu sein – auch ohne Mann. Dafür muss Einsamkeit kein auslösender Grund sein.
Quelle: welt.de (Gesundheit)