Sanktionen gegen Russland

Nach Ansicht des Präsidenten der Industriellenvereinigung Salzburg spielen die EU-Sanktionen gegen Russland den Chinesen in die Hände. Rudolf Zrost spricht von einem Vertrauensverlust, der Salzburger Unternehmen langfristig schaden könnte. Quelle:Wirtschaftsblatt.at

WirtschaftsBlatt: Laut der aktuellen Konjunkturumfrage der IV Salzburg erwarten 17 Prozent der Unternehmen, dass die Geschäftslage in einem halben Jahr schlechter sein wird als jetzt. An eine Verbesserung glauben dagegen nur zehn Prozent. Sind die aktuellen internationalen Entwicklungen schuld an diesem Pessimismus?
Rudolf Zrost: Die Krise in der Ukraine wirkt sich hier sicher aus. Viele Unternehmen wollen keine zusätzlichen Mitarbeiter einstellen, solange diese Krise andauert. Wir hören auch immer wieder, dass die Börsen sehr unruhig sind und die Kurse fallen, weil es gewisse Ängste gibt. Daneben haben wir aber sicher auch ein Standortproblem, was zum Beispiel darauf zurückzuführen ist, dass es in Salzburg zu wenig IT-Personal gibt. Gut ausgebildete Fachkräfte stehen nicht mehr zur Verfügung.

Wie stark treffen die Ukrainekrise und die Russlandsanktionen die exportabhängige Industrie?

Mir sind keine Unternehmen bekannt, die so darunter leiden wie der Salzburger Milchhof, der nicht mehr nach Russland liefern darf. Es mag den einen oder anderen Industriebetrieb geben, der direkt betroffen ist, aber es sind sicher nur sehr wenige. Die Sanktionen sind allerdings insgesamt ein Problem, weil die enge Verbundenheit zwischen Russland und Europa, zwischen russischen Firmen und Salzburger Firmen Dellen und Kratzer abbekommt. Wir Österreicher haben als Teil der EU plötzlich Wirtschaftssanktionen verordnet für etwas, das die Russen als legitim empfinden. Das ist ein extremer Vertrauensverlust, der mit Sicherheit langfristig einen größeren Schaden verursacht als die aktuelle Situation.
Heißt das, dass Sie die Sanktionen für falsch halten?

Ich bin der Meinung, die Sanktionen sind per se falsch. Die EU drängt damit Russland in engere Wirtschaftsbeziehungen mit China. ÖIAG-Aufsichtsratschef Siegfried Wolf hat bei einem Vortrag in Salzburg gemeint, dass das Geschäfts- und Rechtsverständnis der russischen Menschen jenem der Europäer entspricht. Die Chinesen sind hingegen völlig anders. Es ist viel leichter, Geschäfte zwischen Russen und Europäern zu machen als zwischen Russen und Chinesen. Durch die Sanktionen werden diese Geschäfte aber nachhaltig behindert und erschwert.
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hat kürzlich die Bürokratie in Österreich als ein Monster bezeichnet, das eine aggressive Stimmung erzeuge, die zu Unlust am unternehmerischen Handeln führe. Teilen Sie seine Meinung?

Ich kann als Unternehmer diese Ansicht voll und ganz nachvollziehen, weil der Staat Österreich immer mehr Aufgaben auf die Unternehmen abwälzt. Man braucht sich nur das „Beauftragtenunwesen“ ansehen. In unserem Unternehmen müssen wir für jedes und alles einen Beauftragten haben: einen Sicherheitsbeauftragten, einen Zuständigen für die Emissionen, einen für das neue Energieeffizienzgesetz und so weiter und so fort. Man muss als Unternehmen aufpassen, dass man alle Vorgaben, die man selber kontrollieren muss, überhaupt einhalten kann.
Bei welchen bürokratischen Hürden ist der Handlungsbedarf besonders groß?

Ein wichtiger Punkt ist die Steuergesetzgebung. Obwohl wir im Haus Spezialisten haben und uns welche von außerhalb holen, schaffen wir es nicht, unsere Steuererklärung so perfekt abzugeben, dass bei der Betriebsprüfung alles passt. Wir haben in Österreich einen Dschungel an Vorgaben und Gesetzen. Schauen Sie sich nur das Förderwesen an. Kleine Unternehmen beantragen gar keine Förderungen mehr, weil der bürokratische Aufwand einfach zu groß wäre.
Es kursieren derzeit die verschiedensten Vorschläge für eine Senkung der Steuerbelastung. Welches Reformmodell schwebt Ihnen vor?

Bei unserem IV-Steuerstrukturkonzept „FAIR-Steuern“ geht es im Wesentlichen um eine Senkung der Arbeitskosten, damit die Mitarbeiter netto mehr Geld in der Tasche haben und die Unternehmen kostengünstiger produzieren können. Wenn ich alle Steuern und Abgaben zusammenzähle, haben wir in Österreich eine Arbeitskostenbelastung von mehr als 45 Prozent. Im internationalen Vergleich liegen wir bei 35 Prozent. Es fehlen uns also zehn Prozent.